3.3 Texte

Die mit weitem Abstand irrelevanteste Verwertungsgesellschaft ist die VG Wort. Die hat auch eine Website, siehe www.vgwort.de deren Sinn sich allerdings dem Autor nicht erschließt. Dann haben sie noch eine Kampagnen Website, Wir geben 8. Das mit der 8 ist nun natürlich ganz witzig.

Dort finden wir dann übliche Geplärre von den bösen Piraten, die die Urheber enteignen, das hohe Lied über die Kunst, von der man auch leben können muss, dass alles, was nichts kostet nicht wert ist etc. blabla. Also das ganze übliche Geplärre halt. Unterstellt wird irgendwie, dass die bösen User, die alles umsonst Mentalität, die Geringschätzung der Kultur etc. etc. verantwortlich ist für die Misere. Geschickt an dem Geplärre ist nur, dass es tatsächlich schwierig ist, einen Text zu widerlegen, der nur aus Nonsense besteht. Das ist auch ein Problem des Verfahrens, das dieser Analyse zugrunde liegt. Wenn jeder Satz so falsch ist, dass man eine Din A4 Seite braucht, um ihn gerade zu biegen, dann ist er schlecht widerlegbar.

Einen kohärenten, in sich schlüssigen Text, der irgendwo einen Denkfehler hat, kann man relativ leicht widerlegen. Man setzt halt an dem Denkfehler an. Ein gut strukturierter Text ist noch halbwegs widerlegbar, weil ein einzelner Punkt herausgegriffen werden kann. Ein wildes Gewusel allerdings ist gar nicht widerlegbar, bzw. nur mit enormem Aufwand. Wir greifen also mal ein paar Thesen heraus.

An den Schutzfristen will die VG Wort nichts ändern, siehe www.wir-geben-8.net. Die Schutzfristen gelten momentan bis zu 70 Jahren nach dem Ableben des Autors. Das soll, nach den Vorstellungen von VG Wort auch weiterhin gelten. Das Problem ist, dass in den allerseltensten Fällen ein Werk 70 Jahre nach dem Ableben des Autors noch einen ökonomischen Wert besitzt, denn die Kulturindustrie in allen Sparten hat ein massives Interesse daran, genau das zu verhindern.

Die Kulturindustrie hat ein massives Interessen daran, jedes Jahr irgendetwas neues auf den Markt zu werfen, davon lebt sie nämlich und das Problem von Autoren besteht eben gerade darin, dass Texte, insbesondere Romane, eine wesentlich längere Haltbarkeitsdauer haben als Lieder. Es ist bei Romanen so, dass die Geschichte ein feiner Filter ist und sich schlussendlich ein Kanon des kollektiven Bewusstseins der Menschheit gebildet hat. Das sind die großen Romane von Tolstoi, Dostojewki, Mann, Hesse, Goethe, Cervantes, Schiller, Flaubert, Stendhal, Voltaire, Manzoni etc. etc.. Der Schrott der heute gehyped wird, ist morgen vergessen.

Die ökonomische Relevanz des Werkes sinkt und es gibt sehr, sehr oft überhaupt keine Erben mehr, bzw. diese sind nicht ermittelbar, wobei das eine, mit dem anderen zusammenhängt. Eben weil das Werk nach dem Ableben des Autors ökonomisch irrelevant ist, interessieren sich die Erben auch nicht für das Werk ihres Opas, Großtante whatever. Selbst monumentale Werke wie das Glasperlenspiel von Hermann Hesse (frei ab 2032) oder Dr.Faustus von Thomas Mann (frei ab 2025) dürfte schon heute keinen ökonomischen Wert mehr haben.

Noch unwahrscheinlicher ist, dass die Erben Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sind. Die Schutzfristen sind also gar nicht das Thema von VG Wort, denn für die Erben sind sie in aller Regel gar nicht vertretungsberechtigt, da diese nicht Mitglied sind. Sinnvoll wäre also eine Beschränkung des Urheberrechts auf z.B. vierzig Jahre, also für die unmittelbar nächste Generation. Im Normalfall würde das Urheberecht dann auslaufen, wenn der unmittelbare Erbe ein hohes Alter erreicht hat. Ökonomisch hat diese sehr lange Schutzfrist aber zwei andere Wirkungen. Zum einen kickt sie sehr viel Kulturgut aus dem Markt. Besteht die Schutzfrist noch und der Urheber / Erbe ist unbekannt, handelt es sich um ein verwaistes Werk. Es kann, da die Zustimmung des Rechteinhabers nicht erlangt werden kann, schlicht gar nicht verwendet werden. Das ist im Bereich Musik fatal. Im Bereich Texte ist es nur deswegen nicht fatal, weil die relevanten Werke eh schon gemeinfrei sind.

Zweitens dient die lange Schutzfrist natürlich der Kulturindustrie in allen ihren Sparten. Wäre z.B. mehr Stücke aus dem Bereich Salsa, Rumba etc. frei, könnten sie problemlos gecovered werden. Die aktuelle Auseinandersetzung der Salsateca in Berlin mit der GEMA würde entfallen. Die langen Schutzfristen dienen also den Interessen der Kulturindustrie und verhindern kulturelle Vielfalt, denn ein großer Teil an Musik ist dem Markt entzogen, siehe auch 3.1 Musik.

Blödsinn ist auch die These mit der Privatkopie, die nach Ansicht der VG Wort über eine Geräteabgabe, siehe oben, zu bezahlen sei. Der Autor bezweifelt ganz, ganz, ganz stark, dass allzu viel urheberrechtlich geschützte Texte auf Speichermedien landen. Es gibt mehr freie Texte, insbesondere Romane, als irgendein Mensch in zehntausend Jahren lesen kann. Allein die infos24 GmbH hat vierzig Romane übersetzt die man, z.B. hier www.franzoesisch-lehrbuch.de herunterladen kann. Wer unter diesen Auspizien irgendeinen gehypten Scheiß speichert, sollte tatsächlich bestraft werden. Nicht wegen Verletzung des Urheberrechts, sondern wegen Blödheit. Wer vor einer vollen Apfelkiste mit perfekten Äpfeln steht, wo er kostenlos zugreifen kann und trotzdem aus Nachbars Garten einen halbverfaulten Apfel klaut, der muss einfach bestraft werden. Blödheit kostet weit mehr Menschenleben als Krebs, Herzinfarkt und Malaria zusammen. Es kann nicht sein, dass man ungestraft blöd sein darf.

Die 4. These ist dann, dass das Urheberrecht die Kreativen schütze. Der Autor würde es mal so formulieren. Es bringt eine gewisse Sicherheit in einem ökonomisch irrelevanten Bereich, bringt aber keinen Lösungsansatz für das zentrale Problem, nämlich die Vermarktung. Für die allermeisten Komponisten, Autoren, Fotografen etc. besteht das Kernproblem darin, überhaupt mal Leute zu finden, die das Urheberrecht verletzten wollen. Der Normalfall ist, dass sich erst mal keine Sau für die geistigen Schöpfungen interessiert. Radios werden in Deutschland, im Bereich Musik, mit etwa 400 Titeln bespielt, ein Großteil evergreens. Für das durchaus überschaubare Angebot bräuchte man eigentlich keine Verwertungsgesellschaften. Die Masse der 60 000 GEMA Mitglieder, verdient schlicht, über die GEMA, gar nichts. Diese leben von Live Auftritten und zahlen für jeden gecovereten Song, selbst wenn mehr als unklar ist, ob die GEMA vertretungsberechtigt ist und da die GEMA nun mal nach Quadratmeterzahl berechnet, wird so manches Live Konzert auch ausfallen.

Dem Autor ist kein Verfahren bekannt wegen Urheberrechtsverletzung im Bereich urheberrechtlich geschützter Texte. Das einzige Urteil, das es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht hat, ist das Verfahren wegen der Nutzung einiger Zitate von Karl Valentin, siehe Karl Valentin und die Anwälte . Das Geblubbere des Rechtevertreters der Erbin von Karl Valentin ist nun das übliche: Völliges fehlendes Rechtsbewusstsein, Internet ganz schrecklich etc. blabla. Was er vergisst ist, dass nach seiner Logik im Internet nichts drin wäre und es für Karl Valentin Zitate überhaupt keinen Markt mehr gäbe.

Gut ist dann die Antwort des Rechtsvertreters der Erbin von Karl Valentin auf die Frage, ob das Internet nicht eine Möglichkeit wäre, junge Menschen mit dem Werk von Karl Valentin vertraut zu machen. Darauf antwortet er, dass in jeden Haushalt ein Buch von Karl Valentin gehöre und man früher oder später sowieso von ihm höre.

Wir sehen also, dass Justitias Vertreter wenig Ahnung von Marketing haben. Was er schlussendlich erreichen wird ist klar. Er wird noch ein paar Kröten machen, dann hat sich das rumgesprochen, keiner wird Karl Valentin mehr zitieren, der ist dann tot, was kein kultureller Schaden ist, und aus die Maus. Es gibt wahrlich ein ausreichendes Angebot an Zitaten, Sketchen, Witzen, Aphorismen etc.etc.. Die Menschheit kommt perfekt ohne Karl Valentin aus, aber die Enkelin macht sich ihr Geschäft kaputt. Wäre sie vernünftig vorgegangen und hätte nicht für drei belanglose Zitate 900 Euro kassieren wollen, hätte sie mit einem gewissen Verständnis rechnen können und wäre nicht durchs Internet getrieben worden. Wer etwas verkaufen will, tut gut daran, auf seinen guten Ruf zu achten.

Der zweite dem Autor bekannte Fall über Copyright Verletzungen im Internet, zeigt dann endgültig die Perversion des Systems. Hierbei geht es ausgerechnet um einen Text von Adorno, Jargon der Eigentlichkeit, an dem Jan Phillip Reemtsma die Rechte hält, die ganze Story kann man hier nachlesen, In den Knast für Adorno?. Jan Phillip Reemtsma stellt nun für die widerrechtliche Veröffentlichung des Textes eine Rechnung von 3.021 Euro an Sebastian Lütgert, der eben diesen Text im Internet veröffentlicht hat. Um was es hierbei geht, ist durchaus unklar. Im Gegensatz zur Enkelin von Karl Valentin, dürfte Jan Phillip Reemtsma ausreichend Geld geerbt haben, so dass er durchaus darauf verzichten könnte, Rechte, die ihm etwas zufällig zugefallen sind, wirtschaftlich zu verwerten, zumal die Summe für ihn irrelevant ist. Wie er zu den Rechten kam steht hier, Auch Arno Schmidt empfand das als Piraterie. Es mag sein, dass Jan Phillip Reemtsma subjektiv der Meinung ist, dass er mit seiner Stiftung und seiner Strategie, also die "Neueditierung" von Werken in Buchform, die Kenntnis des Werkes Adornos in der Öffentlichkeit fördert, aber noch wahrscheinlicher ist, dass er die Tätigkeit zur Förderung des Werkes von Adorno eng mit seinem Namen bzw. seiner Stiftung verbunden wissen will. Es gibt Texte, und dazu gehören Texte von Theodor W. Adorno, aber auch die Texte von John Maynard Keynes, die extrem schwer zu verstehen sind. Man kann versuchen, wie der Autor das auf der www.economics-reloaded.de getan hat, diese Texte irgendwie verständlich zusammenzufassen. (Die Erläuterungen zu Adorno finden sich dort im Kapitel "philosophische Kritik"). Ein anderer Versuch dieser Art ist eben die Erläuterung der www.divina-commedia.de. Bestimmte Texte, wie z.B. wie die von Theodor W. Adorno oder John Maynard Keynes, sind sehr zentrale Texte, aber extrem schwierig. Die Veröffentlichung allein bringt da nix. Das Publikum sind dann die üblichen Verdächtigen, also Leute aus dem akademischen Betrieb, die für den Papierkorb produzieren. Innovativ wäre, die infos24 GmbH wird das mit der General Theory of Employement, Interest and Money von Keynes tun, eine online Veröffentlichung, englischer Text und Übersetzung und einer Analyse: Satz für Satz. Theoretisch könnte man bei der Übersetzung auf eine deutsche Übersetzung zurückgreifen, die wird aber nicht freigegeben, von daher wird die infos24 GmbH das eben noch mal übersetzen. Das relativ unflexible Urheberrecht bringt da wenig. Dem Urheber nicht, egal ob Urheber oder Übersetzer, und der vielbeschworenen "kulturellen Vielfalt" auch nicht. Wenn sich Texte aufgrund des Schwierigkeitsgrades nicht vermarkten lassen, dann braucht man andere Wege der Vermittlung. Das unflexible Urheberrecht ist da hinderlich. Die Blockierung der Texte von z.B. Adorno wäre auch nicht im Interesse Adornos gewesen. Die Kritik Adornos an der Kulturindustrie richtet sich gegen den Primat des Ökonomischen bei der Verwertung von Kunst. Genau diesen Primat des Ökonomischen wollte er gebrochen sehen. Welche Ziele Jan Phillip Reemtsma verfolgt ist unklar. Auf jeden Fall wird er über diesen Weg a) keinen ökonomischen Nutzen erzielen und b) den Bekanntheitsgrad von Adorno, geschweige denn das Verständnis, fördern. Wenn er dann noch feststellt, dass er 6 Millionen Euro für die Editierung des Werkes ausgegeben hat, dann hat er schlicht Geld sinnlos zum Fenster rausgeworfen. Wesentlich intelligenter wäre es gewesen, er hätte, wenn er denn soviel Geld hat, um es zum Fenster rauszuwerfen, Sebastian Lütgert damit beauftragt, das Werk Adornos Satz für Satz zu kommentieren, ONLINE. Wir vermuten mal, dass Jan Phillip Reemtsma das Internet nicht versteht und überhaupt das Potential der neuen Medien nicht erkennt. So unsinnig das Verhalten von Jan Phillip Reemtsma auch ist, vor einem deutschen Gericht hätte er Recht bekommen, denn die Richter sind, das folgt nun mal zwingend aus dem Verfahren, das dieser Analyse zugrunde liegt, eher schlichte Gemüter.

Betrachtet man den Fall Adorno - Jan Phillip Reetma, dann wird auch die fünfte These der VG Wort, dass Fair Use zu erheblichen Rechtunsicherheiten führt und den Urheber um seinen Gewinn bringt, völlig abwegig, siehe www.wir-geben-8.de. Fair Use ist ein Begriff des amerikanischen Rechts. Er besagt, dass eine Veröffentlichung auch ohne Zustimmung des Urhebers legal ist, wenn sie der Entwicklung der Wissenschaft und Künste dient, siehe Fair Use. Fair Use geht allerdings über den § 51 UrhG (Großzitat bei wissenschaftlichen Werken erlaubt) hinaus. Eine ausführliche wissenschaftliche Stellungnahme findet sich hier, URHEBERRECHTSSCHRANKEN IN DER WISSENSGESELLSCHAFT:„FAIR USE“ ODER ENGE EINZELTATBESTÄNDE?

So kompliziert brauchen wir es hier aber gar nicht. Führt die strikte Anwendung des Urheberrechts, Verbot der Veröffentlichung ohne Zustimmung des Urhebers dazu, dass das Werk der Öffentlichkeit schlicht entzogen wird und besteht eindeutig keine Chance auf eine ökonomische Verwertung, dann überwiegt Fair Use. Die Publikation des Werkes von Adorno mit Methoden der Steinzeit, bringt weder einen ökonomischen Gewinn, im Gegenteil, produziert gigantische Verluste, noch fördert es die Verbreitung der Gedanken Adornos in der Öffentlichkeit. Allerhöchstens dient es dem Ego von Jan Phillip Reemtsma.

Hinzu kommt, dass Adorno ordentlicher Professor in Frankfurt war. Seine wissenschaftliche Arbeit also vom Steuerzahler bereits bezahlt wurde. Für die Vorstudien kam der amerikanische Steuerzahler auf, denn während des zweiten Weltkrieges forschte Adorno in den USA. Last not least war es Adorno völlig egal, dass in den sechziger Jahren Raubkopien seiner Werke existierten. Das Argument von Jan Phillip Reemtsma, dass dies nur in den sechziger Jahren legitim war, weil die Werke Adornos damals im Handel nicht erhältlich waren, sticht nicht. Allein die Tatsache, dass es gelungen ist, sich die Rechte an den Werken Adornos anzueignen, vermag nicht zu begründen, dass die anschließende kommerzielle Verwertung, bzw. der Versuch der kommerziellen Verwertung, den Intentionen Adornos entsprach und ähnlich liegen die Verhältnisse bei allen Denkern aus dem engeren und weiteren Umfeld der Frankfurter Schule, also bei Ernst Bloch, Herbert Marcuse, Walter Benjamin etc.etc.. Die gleiche Liga haben wir bei den verwaisten Werken, siehe oben.

Diese können in engen spezifischen Kontexten für eine kleine Zielgruppe interessant sein, z.B. als didaktisches Hilfsmittel beim Spracherwerb und bei der komplexen Darstellung von Kulturräumen. Das starre Urheberrecht entzieht sie dem Bewusstsein der Öffentlichkeit, ohne dass dies ökonomisch einen Gewinn erbringen würde. Sinnvoll ist der Entzug nur, weil er das Angebot verringert und damit die Chancen der Kulturindustrie erhöht, ihre Produkte mit geeigneten marketingtechnischen Maßnahmen und Nutzung ihres Einflusses auf die Massenmedien Produkte zu promoten.

Genau diese Fähigkeit der Kulturindustrie steht im Zentrum der Kritik Adornos, siehe auch www.economics-reloaded.de, dann philosophische Kritik. Wir gewinnen durch den Primat der schlichten Gemüter in Politik, Justitia und Lobby nichts, absolut nichts. Schlichte Gemüter, die sich gewinnträchtig moralisch aufplustern und ihre Schlichtheit voller Stolz öffentlich zur Schau stellen, bringen uns nicht wirklich weiter und solche schlichten Vorstellungen diskreditieren auch das Urheberrecht allgemein. Allerdings wird man die Jungs und Mädels aus Politik, Justitia und Lobby mit Philosophie und Schöngeist nicht bekehren. Von daher wäre es äußerst sinnvoll, wenn google hier mal klar Schiff macht und zeigt wo der Hammer hängt. Die tatsächlichen Verhältnisse würden sofort klar, wenn google mal zurückschlagen würde.

In der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Verband der Fotojournalisten Freelens könnte er deren Bilder mal einfach aus dem Index nehmen. Damit wäre die Situation sofort geerdet. Es würde sich zeigen, dass der behauptete Schaden eben doch nicht eintritt und es eher so ist, dass Fotojournalisten zwar von google profitieren, google aber ganz locker auf sie verzichten kann. Google kann auch ganz locker auf das Repertoire der GEMA verzichten. Bevor er dafür bezahlt, schaltet er es ab, was er ja tatsächlich tut. Traurig ist nun die GEMA, die wiederum klagt, weil google ihr Repertoire, mit der entsprechenden Meldung, abklemmt. Damit wird ziemlich klar, dass die von der GEMA behaupteten Gewinne von youtube wohl nicht ganz realistisch sind. Der finanzielle Verlust durch Abklemmen des GEMA Repertoires dürfte für google so nahe bei Null Euro liegen. Höher ist der Verlust für die von der GEMA vertretenen Urheber, denn der Werbekanal youtube fällt damit aus.

Auch der sechste Punkt, das hohe Lied auf die Verwertungsgesellschaften, vermag nicht zu überzeugen. Gemeint ist, dass z.B. bei der Speicherung von urheberrechtlich geschütztem Material auf Speichermedien aller Art ein, nur über Verwertungsgesellschaften die Urheber Erlöse erzielen. Auch dieses Argument hält einer Analyse nicht stand, denn es ist äußerst fraglich, ob auf Speichermedien überhaupt in relevantem Umfang urheberrechtlich geschütztes Material gespeichert wird. Wahrscheinlicher ist, dass eine Menge Unternehmen wie die infos24 GmbH, die auch DVDs verkaufen, mit ausschließlich eigenem Inhalt, irgendwelche dubiosen Urheber zwangsweise mitfinanzieren. Die Behauptung allein, dass nur über Verwertungsgesellschaften die ZPÜ Gebühren an die Urheber weiterverteilt werden können, sagt noch nichts darüber aus, ob dieses System legal ist.

Ein Bankräuber kommt auch nur mit einer funktionierenden Waffenindustrie an sein Geld, das heißt aber nicht, dass das Vorgehen legal ist. Will die VG Wort überzeugen, was sie nicht will, sie will lediglich ihre Standpunkte propagieren, dann wäre ein Nachweis sinnvoll, dass auf den Speichermedien tatsächlich urheberrechtlich geschützte Texte sind und in welchem Umfang, diese zu Marktpreisen bewertet werden und die Erlöse aus den ZPÜ Gebühren nach einem halbwegs plausiblen Schlüssel an die Urheber weitergereicht werden. Bei einem so allgemeinen Geschwätz ist zu vermuten, dass sie das nicht wissen, was wiederum zur Folge hat, dass sie den Vorwurf zu schmarotzen nicht widerlegen können. Bei 600 000 Abmahnungen pro Jahr mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro im Jahre 2010 (die Zahlen stammen Verein Abmahnwahn e.V., werden aber auch vom Bundesjustizministerium akzeptiert, hinzzuaddieren sind die Honorare der Anwälte der Beklagten plus die Gerichtskosten), 6 Prozent aller deutschen Internetuser wurde bereits einmal abgemahnt, ist es eher unwahrscheinlich, dass allzu viele "Raubkopien" unentdeckt geblieben sind. Bei einem Gesamtumsatz von 1,6 Milliarden Euro entfällt also ein Drittel auf "Raubkopien". Da würde der Autor eher vermuten, dass "raubkopieren" für die Musikindustrie ein glänzendes Geschäft ist. Bezweifeln kann man nur, ob das business jammern und abkassieren nachhaltig ist.

Da weder die Verwertungsgesellschaften, noch die Kulturindustrie das Kernproblem der Urheber lösen, die Urheber haben ja auch eine völlig andere Meinung zu dem Thema, werden sich die Urheber nach Alternativen umsehen, die es immer mehr gibt. Bedingt durch den technischen Fortschritt sind professionelle Aufnahmen zunehmend auch ohne Tonstudio möglich, die Vervielfältigung von CDs wird immer billiger, bzw. gar nicht mehr nötig, weil es andere Formen der Vervielfältigung gibt, die Vernetzung von Künstlern immer dichter, es wird immer leichter, einen eigenen Shop aufzusetzen, marketingtechnisch immer einfacher, z.B. über eine Website, ein enge Zielgruppe anzusprechen. Der Markt wird sich also zersplittern und ein zersplitterter Markt ist das Horrorszenario der Kulturindustrie.

Für die infos24 GmbH auf jeden Fall sind sowohl die Verwertungsgesellschaften wie auch Kulturindustrie in allen Varianten vollkommen entbehrlich. Bedingung für den Vertrieb über die neuen Medien ist einzig, dass zumindest ein Teil des Contents / Repertoires kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Wer über die neuen Medien, die inzwischen steinalt sind, etwas vermarkten will, muss das Spiel der neuen Medien spielen. Offline bezahlt man für einen Platz an der Sonne eben die entsprechende Miete für den Laden. Online muss man Content liefern. Das ist das Kernproblem der Verwertungsgesellschaften und der Kulturindustrie. Die "Raubkopierer" sind der Sündenbock für eigenes Versagen. Liest man sich die zahlreichen Foren im Internet durch, auch die Foren zu den entsprechenden online Petitionen, wird sofort klar, dass die Urheber, die das Urheberrecht ja schützen soll, dieses eher als hinderlich empfinden, insbesondere dann, wenn die überzogene GEMA Gebühren mal wieder ein paar Musiker in die Arbeitslosigkeit geschickt hat, weil Konzerte durch die überzogenen GEMA Gebühren nicht mehr finanzierbar waren.

Fazit: Momentan bringt das Urheberecht den Urhebern was, weil damit gnadenlos abgezockt werden kann. Kein normaler Mensch rechnet damit, dass eine Lappalie mit ein paar Tausend Euro zu Buche schlägt, weshalb viele in diese Falle tappen. Zu behaupten, dass sechs Prozent der Internetnutzer ein mangelndes Rechtsbewusstsein haben ist reichlich tollkühn. Wahrscheinlicher ist, dass die Maßstäbe völlig verzerrt sind. Den Verwertungsgesellschaften und der Kulturindustrie bringt das Urheberecht kurzfristig auch etwas. Das Angebot wird künstlich verknappt. Für Urheber im Bereich Mainstream bringen auch die Verwertungsgesellschaften etwas. Für die 3000 ordentlichen Mitglieder der GEMA ist das Modell interessant, für die restlichen 57 000 Mitglieder völlig uninteressant. Megainteressant ist es natürlich für Rechtsanwälte, diese sind die Hauptprofiteure des Urheberrechts. Langfristig bringt es nichts und hat gewaltige Kollateralschäden. Das Ansehen der Vertreter von Justitia sinkt, was im Gegenzug zu einem verschärften Nachdenken über Alternativen führt. Insbesondere wird man über die Rolle von Rechtsanwälten nachdenken. In Frage steht auch deren Qualifikation. Des Weiteren wird es zu einer Professionalisierung des Vertriebs bei der Masse der Urheber führen. Eine Entwicklung, die durch die Technik begünstigt wird. Es wird eine Diskussion über die Vermarktung von Kultur einsetzen, denn dies ist das Kernproblem. Es wird den Verwertungsgesellschaften nicht viel nützen, über youtube zu klagen, wenn die Urheber youtube und Co als Chance sehen. Des Weiteren wird es, da die Kulturindustrie und die Verwertungsgesellschaften sich nun mal überwiegend auf das Urheberrecht als Sündenbock eingeschossen haben, zu einer Verlagerung kommen. Dienste wie iTunes werden die Kanäle der Kulturindustrie ablösen. Diese Kanäle kann aber auch jeder einzelne Urheber nutzen, wenn er es schafft, sein Produkte zu promoten. Die Probleme der Verwertungsgesellschaften und der Kulturindustrie sind also hausgemacht, dürften aber nicht mehr lösbar sein.

 


update
Vorwort
Ausgangspunkt


Das Urheberrecht aus
oekonomischer Sicht


Abmahn und Gegenabmahnindustrie


Rahmenbedingungen
der Rechtsanwaelte
Diskussion
der Problematik ausserhalb systemischer Zusammenhaenge


Detaillierte Darstellung des Verfahrens
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