4.1 Strategien von Rechtsanwälten im Netz

Wie bereits erwähnt, bekennen sich nur wenige Rechtsanwälte dazu, als Abmahnanwalt tätig zu sein, das business dürfte auch brandgefährlich sein, weil man gute Chancen hat, im Internet berühmt zu werden und das business kaum nachhaltig ist. Da 6 Prozent aller Deutschen bereits eine Abmahnung erhalten haben und alle Medien über das Phänomen ausführlich berichten, dürfte die Zahl der Leute, die in die Falle tappen rapide abnehmen, zumal, von allen vorher genannten Punkten mal abgesehen, alle "raubkopierten" urheberrechtlich geschützten Inhalte schon jetzt meist für Beträge um einen Euro erworben werden können.

Dass Kinder "raubkopieren" lässt sich wahrscheinlich weniger mit den durchaus Taschengeld kompatiblen Preisen erklären, als durch die Tatsache, dass Kinder weder eine Kreditkarte noch ein Bankkonto haben.

Als Abmahnanwalt prominent gelistet zu werden, dürfte die Gewinnung von Mandaten in der Zukunft eher erschweren, denn auch der skrupelloseste Mandat sucht keinen skrupellosen Rechtsanwalt, der ihm eine saftige Rechnung mit fingierten Streitwerten präsentiert. Es kann passieren, dass man sich durch seine unrühmliche, gut dokumentierte Vergangenheit die Zukunft verbaut.

Erstaunlich ist hierbei, wie schnell Massenabmahner berühmt werden und wie schnell die Gegenabmahnindustrie darauf reagiert. Es reicht bei Google Abmahnung Hilfe einzugeben um auf Texte vom Typ "Derzeit läuft eine Abmahnwelle der Kanzlei XY. Sollten sie von XY eine Abmahnung erhalten haben, lassen Sie sich kompetent beraten T.XXXXXXXX. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Lustig ist nur, wenn man die so Werbenden dann tatsächlich anschreibt, siehe unten. Man erhält dann, wir kommen gleich, siehe 4.2 Antworten auf email, darauf zurück, höchst erstaunliche emails.

Die meisten Websites von Rechtsanwälten sind Werbung, das sollte man wissen. Die Ratschläge juristisch grenzwertig. Insbesondere wird oft für eine außergerichtliche Beratung irgendein besonders "kostengünstiges" Honorar geboten, mit dem dann „alles erledigt sei“. Außergerichtlich wäre eine "Beratung" und ein Schreiben an den Anwalt des Klägers, also eine Geschäftsgebühr, siehe RVG. Die dürfte so in etwa um den gleichen Betrag liegen, wie er dann genannt wird, aber erledigt ist damit gar nichts, wie oft behauptet. Erledigt ist es nur dann, wenn man sich auf den "Vergleich" einlässt, das heißt auf eine rechtliche Klärung verzichtet. Die Komplexität von Urheberrechtssachen ist aber meistens überschaubar, das Problem sind, wie in diesem Falle, eher die Richter. Das gibt es dann schon öfter mal, wie in diesem Fall, Probleme mit den primitivsten Grundlagen, dem materiellen Recht. Da wird dann ohne weiteres eine gesamtschuldnerische Haftung bei UNTERLASSUNGSSCHULDEN tenoriert, was rechtlich nicht möglich ist, wir kommen darauf zurück, § 32 UrhG wird mit § 97 Urhg verwechselt und zwar auch dann noch, und das ist die Pointe, wenn man ihnen erklärt hat, dass das eine nicht geht und das andere zwei verschiedene Dinge sind. Der Unterschied, exempla statut, zwischen einem Lichtbildwerk und einem Lichtbild ist nicht klar, ganze Gesetzeswerke, Telemediengesetz, Urheberrechtwahrnehmungsgesetz sind komplett unbekannt. Wir kommen darauf in 7.4 Urteil zurück.

Websites von Rechtsanwälten gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Im Bereich Urheberrecht bieten sie meist eine kurze, Darstellung der Problematik mit dem deutlichen Hinweis, dass alles ganz schrecklich kompliziert sei und anwaltliche Hilfe nötig.

99 Prozent der Urhebersachen lassen sich aber sehr leicht zusammenfassen und sind auch nicht die Bohne kompliziert. Es gibt einen Urheber der zumindest juristisch immer berechtigte Ansprüche an einem urheberrechtlich geschützten Werk behauptet und dafür eine Nachlizenzierung im Bereich des zigfachen der normalen Lizenzierung fordert. Musik kommt in das Spiel, durch die weitgehend freihändig vergebenen Streitwerte der Abmahnung. Dieser beträgt in etwa das Zehnfache, ohne dass dies gesetzlich irgendwo näher bestimmt ist, des behaupteten „Schadens“, also des entgangen Gewinns.

Bei 99 Prozent der Fälle basiert der ganze Anspruch auf einem einzigen, schlichten Paragraphen, dem § 97 UrhG. Dass in dem Verfahren, das dieser Analyse zugrunde liegt die Richterin, also Frau Benz, mit der juristischen Einordnung überfordert war, liegt sicherlich nicht an der Komplexität der Materie. In das Urheberrecht kann man sich schon an einem Nachmittag einarbeiten.

Jura ist wohl eines der einfachsten akademischen Fächer überhaupt. Mit z.B. Informatik ist das nicht mal ansatzweise vergleichbar. Will man z.B. mit Java ein Programm zu schreiben, das Hallo sagt und danach den Namen, den man vorher eingibt, muss man vier Tage investieren, wenn man tatsächlich verstehen will, was man macht. In Bereichen wie Molekularbiologie hat man als Laie keine Chance.

Jura ist ganz überwiegend eine Ansammlung von Trivialwissen. Teilweise, wie in diesem Verfahren, sind Richter von Landgerichten sogar noch so nett, während der Verhandlung, wie in diesem Fall, und in aller Öffentlichkeit den Rechtsanwälten die grundlegendsten juristischen Kenntnisse abzusprechen. Da sollte Justitia mal über das Jurastudium nachdenken, was aber nicht das Problem des Autors ist. Er arbeitet an der Verbesserung der Fächer, die er selber studiert hat, also VWL und Sprachen und Informatik, insofern es etwas mit seiner beruflichen Tätigkeit zu tun hat.

Das Problem in Verfahren können die Sachszusammenhänge sein. Hier allerdings verfügen Juristen über genau dasselbe Fachwissen wie jeder x-beliebige Laie.

Auffallend an allen Website von Rechtsanwälten ist nun, dass sie auf das zentrale Thema NICHT eingehen. Da der normale Kauf bzw. die Ausleihe (Filme) eines urheberrechtlich geschützten Werkes nur ein paar Euro ausmacht, sieht man mal von den skurrilen Forderungen der GEMA im online Bereich ab, wo google ihr noch ausführlich Nachhilfe geben wird, dann ist selbst das Zigfache nicht allzu viel. Die Nachlizenzierung betrug in dem Fall, der dieser Analyse zugrunde liegt, 180 Euro. Die Musik kommt über den Streitwert und über die, ökonomisch weitgehend sinnfreie, da der Urheber an jeder "Raubkopie" ordentlich verdient, Abmahnung. Dieses Thema, also das zustande kommen des Streitwertes, ist natürlich nie Gegenstand der Darstellung des Urheberrechts auf der Seite eines Rechtsanwaltes, denn hier spielt die Musik, hier wird das Geld verdient. Sowohl das Geld des Rechtsanwalts des Klägers wie auch das des Rechtsanwalts des Beklagten.

Gibt man bei google Streitwert und Urheberrecht als Suchbegriffe ein, findet man keine einzige Aussage darüber, wie diese berechnet werden, dafür aber eine Menge skurriler Aussagen. So hat das Landgericht Köln irgendwann beschlossen, von dem sonst üblichen Streitwert bei Urheberrechtsverletzungen (es ging um die Verwendung eines Knipsbildes zur Produktdarstellung bei ebay) von 6000 Euro auf 3000 Euro runterzugehen. Durch zwei Instanzen Amtsgericht / Landgericht, sinken damit die Anwaltsgebühren von 4800 auf 2400. Wer glaubt, dass ein Rechtsanwalt sich energisch für die Reduktion seines Honorars einsetzen wird, der glaubt auch an den Osterhasen und an den Weihnachtsmann.

Der Autor würde sogar bezweifeln, dass Gerichte sich energisch für realistische Streitwerte einsetzen. Zwar haben die Richter von hohen Streitwerten persönlich nichts, aber in Zeiten knapper Kassen wollen auch Richter bezahlt werden und Nullrunden für Beamte, wie derzeit in NRW, sind eben desto wahrscheinlicher, je weniger Geld im Jackpot ist. Insofern ist der Streitwert, ganz anders als der deutsche Richterbund sich das vorstellt, der Einstieg in Ökonomisierung der Justiz, siehe 2.2.3 Die Kosten- und Leistungsrechnung in der Justiz.

Speziell beim Urheberrecht geht die Ökonomisierung der Justiz sogar soweit, dass sich Sachverhalte eigentlich nicht mehr juristisch klären lassen. Bewegt sich 2000 Euro und 13000 Euro, wie in dem Verfahren, das dieser Analyse zugrunde liegt, kann ein Prozess nur von Leuten geführt werden, die Spielgeld haben. Der Rechtstaat ist damit praktisch abgeschafft.

Eine Budgetierung aufgrund der Kosten- und Leistungsrechnung, siehe 2.2.3 Kosten- und Leistungsrechnung in der Justiz würde die Parteien mit den tatsächlichen Gerichtskosten belasten und realistisch ist die Annahme, dass der Aufwand der Rechtsanwälte sich proportional zu dem Aufwand verhält, der bei Gericht anfällt, zumindest ist diese Annahme weit plausibler, als die Annahme, dass der Aufwand proportional zum Streitwert steigt, denn dieser wird, zumindest bei Urheberrechtssachen, vollkommen freihändig vergeben, wodurch ausgeschlossen ist, dass er sich proportional zum Aufwand verhält.

Das Ansehen von Justitia hat schwer gelitten unter dem Urheberrecht. Allein youtube bringt es auf über 8000 Videos mit kritischen Stellungnahmen, siehe Abmahnungen youtube. Es gibt wohl nur wenige Beispiele, wo eine Branche so energisch in aller Öffentlichkeit ein Harakiri zelebriert hat. Gelitten hat nicht nur die Einschätzung der moralischen Integrität, sondern auch der intellektuellen Fähigkeiten von Justitia.

Ein Wirtschaftsunternehmen wäre bei einem solch katastrophalen Ruf inzwischen Pleite und hätte Anlass, andernfalls würde die ökonomische Vernichtung drohen, die Notbremse zu ziehen auf allen vier Rädern. Es stellt sich ganz ernsthaft die Frage, welche Besoldung bei dieser Leistungswilligkeit und Leistungsfähigkeit eigentlich angemessen ist.

Bedenkt man, dass manche Wissenschaftler in der Spitzenforschung, die verfassen dann Texte, wo man kein Wort versteht und man auch keine Chance hat, sich irgendwie einzuarbeiten, also geballter Hirnschmalz, 40 000 Euro im Jahr verdienen, dann kann man bei Richtern, läuft es auf dem Niveau des Verfahrens ab, das dieser Untersuchung zugrunde liegt, 20 000 Euro schon sehr, sehr üppig finden, vor allem, weil wir ein reichhaltiges Angebot an Juristen haben. Die Aussagen des deutschen Richterbundes zur "wissenschaftlichen" Ausbildung, siehe Eckpunktepapier zur Juristenausbildung scheinen da doch sehr, sehr weltfremd bzw. schlicht unwissenschaftlich.

Wir wollen dem deutschen Richterbund jetzt gar nicht erklären, was eine wissenschaftliche Aussage von einer unwissenschaftlichen Aussage unterscheidet. Wissenschaftlich ist eine Aussage dann, wenn sie a) gehaltvoll und b) falsifizierbar formuliert ist, siehe www.economics-reloaded.de dann kritischer Rationalismus. Es bringt allerdings nicht viel, irgendwelche Begriffe inflationär zu verwenden.

Es ist nicht wirklich das Problem des Autors, aber er würde Rechtsanwälten, die noch dreißig Berufsjahre vor sich haben, eine andere Strategie empfehlen und er geht auch davon aus, dass es, da das Internet nun mal das zentrale Medium für Vermarktung, Vertrieb, Information ist, auch keine andere Strategie gibt. Es gibt im Internet, das ist auch das Problem der Urheber, nur zwei Möglichkeiten, effizient zu werben. Die eine Möglichkeit ist der Aufbau informativer Seiten, also Seiten, mit einem Nutzwert und die andere ist, auf Seiten, die Nutzwert haben, gegen Bezahlung, Werbung zu schalten. Wenn 160 0000 niedergelassene Rechtsanwälte auf 160 000 Seiten denselben Müll schreiben, dann bringt das weder dem einzelnen Rechtsanwalt was, noch bereichert es das Internet.

Das Internet ist nicht vergleichbar mit einem Eintrag in den gelben Seiten. Im Internet hat jeder die Möglichkeit, seine Kompetenz umfassend darzustellen und wer dies nicht tut, steht im Verdacht, eben über selbige nicht zu verfügen.

Allzu platte Sprüche Schema "Sie sind abgemahnt worden? Nehmen sie die Abmahnung ernst, aber unterschreiben Sie nichts! Meistens können die Kosten durch eine anwaltliche Beratung deutlich reduziert werden! Rufen Sie mich an!" sollte man lassen, zumal man sie gut 50 000 Mal findet. Günstig ist es dann auch, wenn man verdeutlichen kann, dass man die wirtschaftlichen Aspekte eines Problems verstanden hat, denn sowohl für den Urheber wie auch für den Rechteverwerter / Nutzer sind letztlich die ökonomischen Aspekte entscheidend.

Es wird Hgm-Press OHG, das ist das neue Betätigungsfeld der Kanzlei, die auch in diesem Verfahren aufgetreten ist, siehe Strafanzeige gegen Urheberrechts-Trolle nicht viel nützen, wenn er jetzt ein paar Euros mit Abmahnungen verdient. Die potentiellen Kunden, z.B. Internetagenturen, werden sich das Unternehmen, bei dem sie Bilder lizenzieren lassen anschauen und gegebenenfalls die Finger davon lassen. Und gerade im Internet sind es eben Online Anbieter, die die Zukunft beherrschen werden und nicht Ableger von Zeitungen, siehe 3.4 Leistungsschutzrecht für Verlage.

Im Moment spielt getty images diesen Fall durch und mahnt auch Internetagenturen an, also potentielle Kunden. (Nicht wir sind betroffen, sondern ein befreundetes Unternehmen.) Das rechnet sich im Moment, weil bei der gegenwärtigen Rechtssprechung die Nachlizenzierung dem Kauf einiger Hundert Bilder entspricht.

Wird das geerdet, ist das Geschäftskonzept tot und der Ruf ruiniert. Und keine Internetagentur hat ein Problem damit, Knipsbilder zu machen bzw. machen zu lassen. Rechtsanwälten, die kurz vor der Pensionierung stehen, kann man die Strategie abzocken was geht noch empfehlen. Wer als Rechtsanwalt noch dreißig Jahre vor sich hat, sollte auf vernünftige Lösungen drängen und für vernünftige Lösungen plädieren. So gewinnt man Kunden. Bei der anderen Strategie kann es einem leicht passieren, dass man in die Mühlen des Internets gerät und im Internet gelten andere Regeln, als in den Mühlen der Justiz. Bei Justitia können durchaus auch mal völlig Unbescholtene in die Mühlen geraten, siehe Mollath und der Rechtsstaat in die Mühlen des Internets gerät nur der, dessen Verhalten der breiten Öffentlichkeit suspekt vorkommt.

Der Autor würde Rechtsanwälten empfehlen, sich an die Normen marktwirtschaftlicher Systeme zu halten. Unternehmer, die die Öffentlichkeit moralisch kritisch beurteilt, sind schnell mal weg vom Fenster.

Wer tatsächlich von beiden Seiten, vom Urheber und Verletzer des Urheberrechts, so sie seriös sind, Ernst genommen werden will, der sollte das Urheberrecht umfassend darstellen. Die Intentionen, inwiefern die Intentionen mit Mitteln des Urheberrechts erreicht wurden, welche Fehler auf das Konto Rechtssprechung gehen und welche auf das Konto des Urheberrechts an sich, die Problematik der Streitwerte etc.. Und entgangene Gewinne sollte man entgangene Gewinne nennen, nicht Schaden.

So wie hier, http://urheber.info, wird das eher nix.

Insbesondere sollte er davon Abstand nehmen, von DEM URHEBER zu sprechen, denn den gibt es nicht. Die Situation von Amy Mc Donald ist nicht die gleiche wie die des Bilderknipsers, die Situation der ordentlichen 3000 Mitglieder der GEMA nicht die gleiche wie die der außerordentlichen 6500 bzw. der angeschlossenen 55 000 Mitglieder, die Situation des unbekannten Malers nicht die Gleiche wie die von Gerhard Richter. Mit einem Abspulen von Standardphrasen zum Urheberrecht wird er nicht punkten können.

Neue Geschäftsfelder, jenseits des inzwischen reichlich ab- und durchgenudelten Bereiches Urheberrecht wird er sich erschließen können, wenn er auf einer Website den GEMA Dschungel durchleuchtet, Musiker rechtlich beim VERTRIEB ihrer Musik berät, Fragen klärt wie die nach der Verwertung eigener Stücke bei Live Konzerten / auf CD / Internet oder Lizenzierung von Musik für Videos (großes Recht) etc.etc.. Will er zeigen, dass er selber recherchieren kann, kann er auch komplexe Urteile analysieren, am besten nicht die ewig gleichen Themen rund um den § 97 UrhG.

Zeigt er schon auf seiner Website, dass er die Schmalspurvariante fährt, also möglichst wenig tun, weil das Honorar qua Streitwert ja ohnehin festliegt, dann kann er sich von der unendlichen Maße an Rechtsanwälten nicht abheben und nicht alle der 160 000 niedergelassenen Rechtsanwälte wird überleben. Die Abmahn- und Gegenabmahnindustrie hat die Situation erstmal entspannt, aber das wird nicht andauern.

Man kann auch mal ein bisschen selber recherchierten. Verlangt z.B. der Urheber eine Nachlizenzierung nach MfM Tarif, dann kann man die Forderung dadurch bestreiten, dass man nachweist, dass er üblicherweise weniger verlangt. In diesem Fall hat der Autor den Nachweis zwar erbracht, aber Mathis Gröndahl, unser Rechtsanwalt, vor dem Landgericht, in dem Verfahren, dass dieser Analyse zugrunde liegt, war leider nicht in der Lage, diese Argumente vor Gericht vorzubringen, siehe 7.2 Unser Rechtsanwalt.

Er hat es nicht geschafft, den Urheber, der als Zeuge bei Landgericht geladen worden war, zu fragen, wie viel er denn üblicherweise mit der Lizenzierung seiner Bilder für das Internet verdient. Aber auch wenn man jetzt nicht gerade einen Mandanten hat, der, wie die infos24 GmbH, solche Prozesse zu Analysezwecken führt und folglich mal tiefer einsteigt, kann man auch von sich aus ein bisschen Engagement zeigen.

Zwar haben die Jungs und Mädels, die sich jetzt mit Eugen Klein und ActiveLaw rumschlagen, siehe Geeksisters vor Gericht wegen Abmahnung durch HGM eine Menge pfiffige Ideen gehabt, z.B. mal herauszufinden, ob die Hgm-Press OHG überhaupt das ausschließliche Nutzungsrecht und damit eine Aktivlegitimation, aber dies wäre eigentlich die Arbeit eines guten Rechtsanwaltes. Dazu gehört eben manchmal ein bisschen Recherche und Kreativität, z.B. die Leute anschreiben, die das streitgegenständliche Werk nutzen und fragen, zu welchem Preis es lizenziert wurde, bzw. selber mal eine Probebestellung durchführen.

Es ist menschlich, dass man genau soviel tut, wie ausreicht, um von einer konkreten Situation zu profitieren und im Moment reicht eben § 97 UrhG mit ein bisschen Klimbim an "subjektiver Bewertung der Rechtslage" drumrum, also MfM Tarife, Probleme mit der IP Nummer etc. etc..

Wenn schon, wie bei Mathis Gröndahl, es den Mandanten viel Mühe kostet, ihm mal darauf aufmerksam zu machen, dass man auch mit § 51 UrhG (Verwendung von Bildzitat in wissenschaftlichen Werken) argumentieren könnte, dann hat er seine Rolle nicht verstanden.

Wer das Internet als Marketingkanal nutzen will, der muss Arbeit investieren. Eine Website vom Typ my first homepage kann man genau so gut machen wie lassen, aber überleben wird nur, wer das Internet professionell nutzen kann und professionelle Nutzung heißt nun mal, sinnreichen Content schaffen.

Denkbar wäre z.B. auch, die Rechtssprechung einzelner Richter zu bestimmten Rechtsbereichen zusammen mit den beteiligten Rechtsanwälten systematisch zu analysieren. Weiß man, welcher Rechtsanwalt für welchen Urheber tätig war, wie argumentiert wurde und was schließlich augeurteilt wurde, dann lassen sich sicher Angriffspunkte für zukünftige Verfahren finden, bzw. Strukturen zeigen. Hat ein Bilderknispser bei einem Verfahren nur eine Nachlizenzierung von z.B. 100 Euro durchgesetzt, hat man z.B. gute Argumente, eine Forderung von 300 Euro zu bestreiten.

Wenn einem der Arsch auf Grundeis geht, hat man vielleicht nicht viele Möglichkeiten, den Streitwert anzuzweifeln. Man braucht die Knete dann. Hat man diesen Spielraum, macht es aber vielleicht Sinn dies zu tun, denn so gewinnt man vielleicht neue Mandanten. Eine Welt, Wald und Wiesen Leistung die von jedem Welt, Wald und Wiesen Rechtsanwalt durchgeführt werden kann, führt nicht zu einer Empfehlung, kann aber bei einem deutlichen Angebotsüberhang zum wirtschaftlichen Ruin führen. Bei Mathis Gröndahl, also unser Rechtsanwalt, auf jeden Fall hatten wir den urigen Fall, dass er den Streitwert, 2000 Euro für die Abmahnung, sehr niedrig fand. Wir zahlten dann ein Honorar, das über dem liegt, was sich aus dem Streitwert ergeben hätte um ihn ein bisschen zu motivieren. Das hat aber, was das Engagement anging, nicht geholfen.

Wie so etwas aussehen könnte, zeigt Prof. Dr. Hoeren, eine erstaunliche Ausnahmeerscheinung unter den Juristen, wie man auch hier nachlesen kann Jura ist nicht dazu da, antiquierte Geschäftsmodelle zu schützen.

Der hat ein ziemliche dickes Buch über Internetrecht geschrieben, das man hier kostenlos downloaden kann: Internetrecht.

Noch eine Bemerkung zum Marketing: Viele Rechtsanwälte haben inzwischen das Video für sich entdeckt. Das mag manchmal sinnvoll sein, denn Bilder, bewegt oder unbewegt, transportieren mehr Emotionen als Texte. Als Ergänzung mag das also auf einer Website sinnvoll sein. Komplexe Zusammenhänge jedoch sind über Videos schlechter darstellbar. Gerade bei komplexen Themen gibt es Dinge, die der Leser schon weiß, die er folglich überspringt und sich auf die Abschnitte beschränkt, wo der Punkt diskutiert wird, für den er sich gerade interessiert.

Das gelingt, weil Texte eine Inhaltsangabe haben und nach Stichworten, über die Suche im Browser oder Suchmaschinen, durchsucht werden können. Schwierige Abschnitte können mehrere Male gelesen werden, einfache überflogen. Last not least. Für google sind Videos komplett irrelevant, er spidert sie nicht und sie haben folglich für die Positionierung bei google keinen Einfluss. Man muss im Internet nicht besonders hip rüberkommen, das kann man ergänzend anfügen, sondern kompetent und fachkundig. Man muss zeigen können, dass man alle Facetten eines Problems verstanden hat, in der Lage ist zu recherchieren und auch über eine gewisse Kreativität besitzt.

Schießen sich Rechtsanwälte auf Low Level ein, also auf Privatleute und den § 97 UrhG, dann wird das nicht nachhaltig sein, denn das business wird zurückgehen. Die meisten "Raubkopien" beruhen schlicht darauf, dass der legale Erwerb zu umständlich ist bzw. für Kinder mangels Kreditkarte und Konto unmöglich. Nicht die Cent-Beträge sind das Problem, sondern die kaufmännische Abwicklung. Dieses Problem wiederum ist den Profis bekannt, auch der infos24 GmbH. Wir haben aufgrund verschiedener technischer Probleme Abbrüche bei der Abwicklung des Bestellvorganges. Das ist das eigentliche Kernproblem. Beim simplen download über ein Peer to Peer Netzwerk fallen diese Probleme nicht an. In dem Moment aber in dem diese Probleme gelöst sind, ist das Geschäftsmodell Abzocke über § 97 UrhG tot. Bei Internetagenturen, also Profis, punktet man mit Allgemeinem Blabla nicht.

Gegen immer dubiosere Einnahmenquellen, wie es z.B. zur Zeit die belgischen Verwertungsgesellschaften versuchen, wird es zunehmend Widerstand geben.

Die Verwertungsgesellschaften begründen ihren Wunsch damit, dass die Einnahmen aus der Leermedienabgabe in den letzten 13 Jahren um 54 Prozent zurückgingen und die Geldflüsse von Streaming-Anbietern wie Apple, Google und Spotify nicht in entsprechendem Ausmaß stiegen. Das führt man auf nicht lizenziere Angebote zurück, durch deren Existenz Internetprovider indirekt Geld verdienen würden.

aus: Belgische GEMA verklagt Internetprovider

Weil also durch die Leermedien keine Kohle mehr kommt, wobei immer schon unklar war, warum über diesen Kanal überhaupt Kohle kommen sollte, da niemand nachweisen kann, ob auf Leermedien urheberrechtlich geschütztes Material gespeichert wird, eine Zuordnung an einen Urheber über diesen Weg nicht möglich ist, die Annahme, dass auf Leermedien urheberrechtlich geschütztes Material ist, immer unplausibler wird, weil es im Zeitverlauf immer mehr freies Material gibt und weil schließlich und letztlich die Privatkopie erlaubt ist und es einige merkwürdige Aussage ist, dass Gebühren erhoben werden, weil von einer illegalen Speicherung ausgegangen wird, über die man sich dann wiederum laut beklagt, sollen jetzt die Provider ran, die mit dem Thema endgültig nichts zu tun haben.

Wie bereits mehrfach erwähnt, interessiert den Autor das Urheberrecht nicht wirklich, es ist als Phänomen einfach zu unbedeutend. Interessant ist es aber aus ökonomischer Sicht. Es zeigt, wie ein System, dass weitgehend unkontrolliert ist, völlig auf die schiefe Bahn gerät. Eine marktwirtschaftliche Lösung würde so aussehen.

Bei gegebenem Stand der Technik und einer gewissen Professionalisierung lassen sich im Internet praktisch alle Urheberrechtsverstöße ahnden. 300 000 Abfragen pro Monat bei Internetprovidern, über 4 Millionen bereits ergangene Abmahnungen, ein Volumen von einer Milliarde Euro pro Jahr, sechs Prozent der Internetuser, die bereits eine Abmahnung erhalten haben, zeigen, dass praktisch alle Urheberrechtsverstöße im Internet geahndet werden können.

Illustrativ ist dann auch das Beispiel, dass diesem Verfahren zugrunde liegt. Es wurde ein Bild gefunden, dass noch NIE von einem Menschen aufgerufen wurde. Man kann also bestreiten, dass irgendjemand einen Schaden, also einen "entgangenen Gewinne" erlitten hat. Da aber bei der Nachlizenzierung auch das 200 fache und mehr der normalen Lizenzierung ausgeurteilt wird, ist es weitaus wahrscheinlicher, dass hier ordentlich Geld „verdient“ wird.

Selbst wenn man konzediert, dass nicht alle Urheberrechtsverstöße geahndet wurden, reicht eine Nachlizenzierung, die die normale Lizenzierung um das zigfache übersteigt, in dem Verfahren, das dieser Analyse zugrunde liegt um das 200fache, um eventuell unentdeckte Urheberrechtsverletzungen zu entschädigen.

Wenn der Umsatz der Abmahnindustrie größer ist, als der Umsatz der GEMA und der VG Wort zusammen, dann wird es schwierig nachzuweisen, dass ein "Schaden", also ein entgangener Gewinn entstanden ist. Nichtsdestotrotz müssen die Urheber geschützt werden. Sinnvoll wäre also ein Verfahren, bei dem die Kosten der Nachlizenzierung, Logistik für das Auffinden von Urheberrechtsverstößen, Anschreiben, Kontrolle der Einnahmen etc. berücksichtigt sind. Diese Kosten liegen bei normalen Inkassoverfahren so bei 30 Euro. Um den Aufwand zu decken kann man bei der Nachlizenzierung das Fünffache der normalen Lizenzierung veranschlagen, bei einem Lied für einen Euro also fünf Euro.

Ein Verfahren kann aber nur eingeleitet werden, wenn der Urheber tatsächlich nachweist, dass er mit der Lizenzierung für das Internet tatsächlich Geld verdient und wie viel. Das heißt Inhalte, um die sich kein Urheber mehr bemüht, wären tatsächlich frei, bei den restlichen Urhebern wäre die Diskussion geerdet, entstehen tatsächlich „Schäden“, also entgangene Gewinne, würden diese entschädigt.

Die Verwertungsgesellschaften könnten gewaltig abgespeckt werden, das heißt auf das zurückgestutzt werden, wo eine kollektive Rechtewahrnehmung sinnvoll ist, wobei die Sinnhaftigkeit von den technischen Möglichkeiten abhängt. Bei youtube z.B. wäre es denkbar, dass google direkt die Urheber bezahlt ohne GEMA, wie er schon jetzt Hunderte von Millionen von Websites, die adsense einsetzen, pünktlich zum Monatsende auszahlt, an die infos24 GmbH zum Beispiel im Schnitt 2500 Euro pro Monat. Gleiche Liga Radio. Die Radios melden die gespielten Songs bei einer Datenbank an und von da geht es vollautomatisch weiter. Das mag kompliziert erscheinen, ist aber alles im Vergleich zu dem, was google bei google adsense abspult, Kinderkram. Google schaltet bei google adsense passend zur Seite die Werbung, findet also vollautomatisch raus, um was es dort überhaupt geht, verwaltet vollautomatisch die Gelder der Werbetreibenden, setzt hinter google adsense ein Auktionssystem, so dass die Werbung geschaltet wird, die die höchste Zahlungsbereitschaft hat, führt nebenbei noch alle möglichen Statistiken und überweist das Geld in zig Länder vollautomatisch. Die GEMA ist dagegen ein Kindergarten.

Recht bewegt sich immer in einem technisch, sozialen, wirtschaftlichen Umfeld. Wie man das durch ein Gesetz Intendierte am Besten umsetzt, hängt von den technisch, sozialen und wirtschaftlichen Umständen ab. Das Problem ist, dass die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen aus dem vorigen Jahrhundert stammen und weitgehend obsolet sind. So entwickeln sich parallel und gegen die aktuelle Rechtssituation effiziente Strukturen, was manchmal unproblematisch ist und manchmal problematisch. Unproblematisch ist es dann, wenn die obsolete Rechtssituation schlicht ignoriert werden kann. Die infos24 GmbH könnte z.B. ihre Texte durch die VG Wort schützen lassen, ignoriert diese aber vollkommen, weil es nichts bringt. Es werden zu anderen Themen, etwa VWL oder Informatik, kostenfreie Lehrbücher entstehen. Die VG Wort wird sich damit beschäftigen, ökonomisch inzwischen irrelevante Werke, z.B. VWL Lehrbücher zu schützen und über merkwürdige Fiktionen deren Autoren Geld überweisen.

Es ist logisch, dass sich die Vertreter der Vergangenheit wehren, jede Gruppe, die vom technischen Fortschritt betroffen war, hat sich gewehrt. Die weltweiten Verwertungsgesellschaften werden sich auch zäh weigern, ihre Repertoire-Datenbanken zusammenzuschließen und diese öffentlich vollständig zugänglich zu machen. Damit wären fehlerhafte Eingaben leicht zu ermitteln, die GEMA Vermutung sofort fallen.

Fazit: Nur ein wirklich sehr großer Player wie google, kann die Vertreter der Vergangenheit brechen. Justitia allerdings ist in solchen Prozessen eine veritable Gefahr. Justitia versteht von dem Thema praktisch nichts und hat wohl eher die Interessen ihrer Artgenossen im Blick, als die ökonomische Vernunft. Helfen wird das nicht, denn der Öffentlichkeit ist völlig klar, welches Spiel hier gespielt wird und Rechtsanwälte, die noch dreißig Jahre in dem Business arbeiten wollen, tun gut daran, sich auf der Seite der ökonomischen Vernunft zu positionieren.

 


update
Vorwort
Ausgangspunkt


Das Urheberrecht aus
oekonomischer Sicht


Abmahn und Gegenabmahnindustrie


Rahmenbedingungen
der Rechtsanwaelte
Diskussion
der Problematik ausserhalb systemischer Zusammenhaenge


Detaillierte Darstellung des Verfahrens
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